Wer kann Trump ablösen?

Mit der kalifornischen Senatorin Kamala Harris hat sich eine weitere prominente Demokratin ins Spiel um das mächtigste Amt der Welt gebracht. Eines ist sicher: Mit der Präsidentschaftswahl im November 2020 kommt auch die Neuausrichtung der Demokraten.

Ob beim Streit um den längsten Government Shutdown in der US-Geschichte, in zahlreichen Interviews oder bei Reden im Kongress: Viele demokratische Politiker versuchen in jüngster Zeit mehr denn je, mit pointierter Kritik der Politik des Weißen Hauses beizukommen – und sparen dabei nicht mit immer neuen politischen Forderungen. Neben der vor kurzem hinzugewonnenen demokratischen Mehrheit im Repräsentantenhaus hängt das auch mit den Vorwahlen zusammen, die in einem Jahr beginnen. Die ersten Kandidaten bringen sich bereits in Stellung. Schließlich fühlen sich viele Demokraten nicht zuletzt durch immer neue Enthüllungen zu Trumps Russland-Affäre darin bestärkt, noch stärker in Opposition zum Präsidenten und seinen Republikanern zu gehen. Und nicht wenige Demokraten wähnen gar die Rückeroberung des Weißen Hauses bereits in sicheren Händen.

Die Demokraten fühlen sich im Aufwind

Auch die Umfragen geben den demokratischen Abgeordneten dabei eher recht. Nach jüngsten Erhebungen meinen nur 37 Prozent der befragten US-Bürger, sie seien zufrieden mit Trumps Politik. Obwohl das angesichts vieler Skandale und Ermittlungen ein guter Wert zu sein scheint, steht Trump im historischen Vergleich mit diesen Zahlen vergleichsweise schlecht da. Kaum ein Präsident erfuhr zur Mitte seiner ersten Amtszeit so wenig Zustimmung. Wenn auch die republikanische Parteibasis von Umfragen unbeeindruckt scheint, so setzen doch die konkurrierenden Demokraten darauf, dass der Präsident mit seinem harschen Politikstil bei Wechselwählern Sympathien verspielt. In dieser Analyse fühlen sie sich umso mehr bestärkt, weil die jüngsten Kongresswahlen einen demokratischen Durchmarsch im Repräsentantenhaus mit sich brachten – allein im Senat regiert nach wie vor eine knappe republikanische Mehrheit, obgleich die Demokraten auch in dieser Kammer in absoluten Stimmen dazu gewonnen haben.

Welche Politik führt zum Erfolg?

Diesen Optimismus nutzen nun immer mehr demokratische Politiker, um sich ins Rennen für die parteiinternen Vorwahlen zu bringen. An Silvester 2018 warf Elizabeth Warren ihren Hut in den Ring. Die 69-jährige Senatorin aus Massachusetts sitzt seit 2013 im Senat und hat sich mit einem vergleichsweise linken Profil einen Namen gemacht – besonders die Finanzbranche hätte unter Warren wohl mehr Regulierung zu erwarten, zumal die frühere Harvard-Juristin als Expertin für Verbraucherschutzrechte bei Banken und Versicherungen gilt. Auch wenn Warren wegen ihres vermeintlich nüchternen Politikstils oft mit Hillary Clinton verglichen wird, brächte sie doch einen deutlich linken Kurs mit sich. Genau das fürchten jedoch eher konservative Demokraten wie die Anhänger der New Yorker Senatorin Kirsten Gillibrand. Der 52-jährigen Juristin vom Hudson River gelang es schon vor Jahren, einen eher konservativen Wahlbezirk für sich zu gewinnen – und gilt seitdem als prominente Verfechterin der politischen Mitte. Als Mitglied der „Blue Dog Coalition“, einem Zusammenschluss eher konservativer Politiker der Demokraten im Kongress, betont Gillibrand seitdem die Bedeutung eines moderaten Kurses ihrer Partei. Dass die New Yorker Senatorin das Recht auf Waffenbesitz verteidigt und auch sonst nicht immer der Linie ihrer Partei folgt, macht sie besonders bei linken Demokraten unbeliebt. 

Chancen für Kamala Harris

Während Elizabeth Warren oft als zu links gesehen wird – und Kirsten Gillibrand als zu rechts – scheint die kalifornische Senatorin Kamala Harris als Kandidatin der Parteimitte, die beide Flügel zusammenführen kann. Gesellschaftspolitisch scheint Harris gleicher Meinung zu sein wie eine große Mehrheit der demokratischen Basis. Dennoch: Seit sich sich Kamala Harris in Kalifornien gegen eine Freigabe von Marihuana aussprach, wittert manch linker Demokrat bei der Juristin zu konservative Positionen. Immerhin zeigte Harris bei dieser Gelegenheit, dass sie auch auf Kritiker zugehen kann, indem sie sich später von ihrer rigiden Haltung entfernte. 

Ohnedies gilt die 54-jährige frühere Generalstaatsanwältin als klare Vertreterin eines starken Staates, der sich bei Banden-Kriminalität und Drogendelikten Geltung verschafft. Ein klares Profil zwischen gesellschaftspolitisch liberalen und im Übrigen moderaten Positionen – das scheint vielen Demokraten an der Basis ein gutes Angebot. Besonders in Kalifornien hat Kamala Harris viele Fans. Vor neun Jahren erhielt sie in ihrem Heimatstaat gar den Titel „The female Barack Obama“, was umso deutlicher zeigt, welche Hoffnungen auf ihr ruhen.

Die Partei-Größen reden mit

Auch wenn mit Elizabeth Warren und Kamala Harris bereits landesweit prominente Demokratinnen ihre Kandidaturen bei den Vorwahlen erklärt haben, wird viel davon abhängen, wie sich die politischen Schwergewichte der Demokraten entscheiden. Ob Bernie Sanders oder Joe Biden: Beide haben oft genug durchblicken lassen, dass sie sich selbst für die mit am besten qualifizierten Kandidaten halten würden. Ob sich die Demokraten letztlich für einen klaren Linkskurs oder die moderatere Mitte entscheiden werden, hängt also nicht nur von der Beliebtheit der jeweiligen Kandidaten ab. Und doch kann gerade die mit den Kandidaten verbundene programmatische Positionierung ein Schlüssel zum Erfolg bei der Präsidentschaftswahl im November 2020 sein. Schließlich haben zahlreiche Demoskopen Clintons Niederlage 2016 mit einem deutlichen Verlust bei bürgerlichen Mitte-Wählern in den Swing-States erklärt.

Welche Ausrichtung die Demokraten wählen sollten, ist mithin umstritten – und vielleicht birgt dieser Umstand auch Chancen für eher unbekannte Kandidaten wie die 37-jährige hawaiianische Abgeordnete Tulsi Gabbard, die am 11. Januar dieses Jahres ihre Kandidatur erklärt hat.
Immerhin eines unterscheidet Gabbard von sämtlichen ihrer Mitbewerbern: Sie wäre die erste praktizierende Hinduistin im Weißen Haus.

Bildquelle: Kamala Harris als Generalstaatsanwältin von California. Wikimedia Commons.

Ein Kommentar Gib deinen ab

  1. Florian Haffernan sagt:

    Also wenn Harris eines nicht ist, dann „moderat“. In der abgelaufenen Legislaturperiode war ihr Abstimmungsverhalten nach Elizabeth Warren das liberalste im ganzen Senat, noch vor Bernie Sanders. Sowohl Harris als auch Gillibrand orientieren sich klar am progressiven Mainstream.

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