Vor knapp zwei Monaten hatte ich mich zuletzt mit den Vorgängen in Venezuela befasst. Anlass dafür war der jäh aufgekeimte Hoffnungsschimmer eines Richtungswechsels im sozialistisch regierten und immer mehr von Hungersnöten und Krankheiten geplagten Land. Während es diese Tragödien nur selten in die deutsche Medienlandschaft schafften, konnte die legitime Wahl des Präsidenten und Oppositionsführers Juan Guaidó nicht länger ignoriert werden. So musste die linksextreme und vom Verfassungsschutz beobachtete junge Welt im Januar Farbe bekennen und sprach von einem US-amerikanischen Putsch in Caracas.
Um die schlimmste Notlage der Bevölkerung zu lindern, wurden internationale Hilfskonvois losgeschickt – doch anstatt diese Leistungen in Empfang zu nehmen und damit Menschen zu helfen, die allein 2017 durchschnittlich 11 kg Körpergewicht wegen der schlechten Versorgungslage verloren hatten, wurden diejenigen, die den Konvoi in Empfang nehmen sollten, mit Tränengas und Gummigeschossen angegriffen. Darüber war aber natürlich in der Jungen Welt nichts zu lesen – obwohl man sich doch vor Jahren noch groß gegen Gummigeschosse ausgesprochen hatte, kommen sie im ideologisierten “Faktencheck” gar nicht mehr vor.
Diplomatischer Druck alleine reicht nicht aus!
Wie sieht es denn nun, zwei Monate später, aus? Haben die bösen Imperialisten den Busfahrer-Diktator von der Macht gedrängt?
Befinden sich US-amerikanische Truppen in Venezuela?
Nein – und das stellte auch US-Vizepräsident Pence rasch klar: An der Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse würde weiterhin auf Basis wirtschaftlicher und diplomatischer Abschottung gearbeitet.
Fakt ist aber, dass Einflussnahme von außen stattfindet. Während die Vereinigten Staaten also an einer diplomatischen Lösung zu arbeiten versuchen, fährt einer der letzten Verbündeten des Diktators Maduro größere Geschütze auf. Denn: Wer will schon mit Recht regieren, wenn er dasselbe auch mit Truppen erreichen kann? Wäre ja auch nicht das erste Mal, dass Maduro die Frage stellt, ob die Menschen lieber wählen oder erschossen werden möchten.
So war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis die russischen Verbündeten, die dem südamerikanischen Diktator leider weiterhin den Machterhalt ermöglichen, Truppen nach Venezuela verlegen. Am Samstag waren es nur 100 Soldaten, aber mit den eingesetzten Flugzeugen lassen sich auch ganz andere Kampfmittel wie Panzer verlegen.
Die Situation im Land scheint sich also weiter zuzuspitzen. Tagelange Stromausfälle, die auch Krankenhäuser betreffen, zeugen davon, dass ein Volk hier von seiner eigenen Regierung dem Schicksal überlassen wird – das es aus Sicht seiner kleptokratischen Herren selbst gewählt hätte.
Russische Truppen sind schon da..
Mehr als noch vor zwei Monaten gilt: Mr. Trump, übernehmen Sie! Umso besser, dass John Bolton klarstellte: “Wir haben keine Angst davor, den Begriff der Monroe-Doktrin zu benutzen.” Es ist richtig, dass die US-amerikanische Außenpolitik gut beraten ist, wenn sie sich um eine möglichst große Koalition mittel- und südamerikanischer Staaten bemüht, mit denen gemeinsam Druck aufgebaut werden soll.
Doch in einer Situation, in welcher sich das venezolanische Volk augenscheinlich nicht selbst helfen kann und in welcher Tag für Tag unschuldige Menschen an heilbaren Krankheiten sterben oder in Geheimgefängnissen mit kubanischer Beteiligung gefoltert werden, reicht diplomatischer Druck allein nicht aus. Auch das System der Vereinten Nationen scheint – wie so oft – überfordert, blockieren doch Russland und die Volksrepublik China mittels Veto jeglichen Versuch eines groß angelegten internationalen Lösungsversuchs.
…warum nicht auch unsere?
Wer im Angesicht dieser vermeidbaren humanitären Krise weiterhin pauschal gegen die Möglichkeit eines militärischen Eingriffs spricht, dem scheint die Lage entweder egal oder noch nicht ernst genug zu sein. Was als Regime Change verteufelt wird, hat in Japan, Mittel- und Osteuropa nachhaltige positive Ergebnisse und die Wiederherstellung funktionsfähiger Demokratien ermöglicht.
Vielmehr verstärkt die offen zu haltende Option eines Eingriffs die Wirkung der ansonsten unzureichenden diplomatischen und wirtschaftlichen Sanktionen. Mag auch der Kalte Krieg vorbei sein, so scheint in Moskau und Peking der Wunsch nach einer Einflusssphäre ungebrochen weiter zu bestehen.
Heiko Maas muss sein Wort halten!
Eine solche Sphäre darf weder in Europa noch in Mittel- oder Südamerika toleriert werden. Sie zu dulden hieße, den legitimen Willen eines Staats und seines Staatsvolks zu ignorieren – einfach, weil es möglich wäre. Der Wille des venezolanischen Volkes ist klar – hinfort mit dem Diktator. Dafür sprechen nicht nur zahllose Proteste mit tausenden Demonstranten, sondern auch die massiven Fluchtbewegungen, die dessen fehlgeleitete Politik ausgelöst hat.
Wer in der Monroe-Doktrin einen Versuch der Herstellung einer US-amerikanischen Hegemonie sieht, hat nicht nur zu viel Chomsky gelesen – er verkennt auch, dass die Frage nach der Herstellung besserer Lebensverhältnisse in Freiheit für Millionen sich von selbst beantwortet, wenn er Menschen Würde und Selbstbestimmtheit zuspricht. Dass die Vereinigten Staaten wie keine andere Nation auf der Erde für diese Werte stehen, lässt dabei Hoffnung für die kommenden Wochen entstehen.
Vielleicht gelingt es ja auch Deutschland, dazu beizutragen, dem krisengebeutelten multilateralen System beim Überleben zu helfen.
Bleiben wir realistisch: Deutsche Unterstützung in einer internationalen Koalition würde es nicht geben – doch wenn deutsche Journalisten inhaftiert und Diplomaten als unerwünschte Personen ausgewiesen werden, muss Außenminister Maas sein Wort halten und dazu beitragen, dass Maduros Spiel auf Zeit vereitelt wird.
Bildquelle: Der russische Präsident Vladimir Putin trifft Nicolas Maduro. Kremlin. Creative Commons.
Fantastischer Artikel!