Dark Psychic Forces

Brave Arbeitsbienchen, wie wir Junge Transatlantiker nun mal sind, haben wir unsere News für Montag Nachmittag bereits am Samstagvormittag fertiggestellt. Doch dann passierte noch etwas. Oft genug sind es Tweets des US-Präsidenten, die den Auftakt oder den Abschluss eines news cycle bilden, doch ab und an sind es auch schwerwiegendere Meldungen, mit denen wir uns unausweichlich befassen müssen. Zwei Gewalttaten in Ohio und in Texas bildeten den tragischen Abschluss einer ansonsten politisch interessanten Woche.

Die Rufe nach einer strengeren Waffengesetzgebung, wie auch Erklärungen, das alles würde nur passieren, weil ein good guy with a gun zu einem bad guy with a gun geworden sei, ersparen wir Euch an dieser Stelle. Interessant fanden wir dafür letztere Anmerkung von Astrophysiker Neil deGrasse Tyson, der der Diskussion eine Zahlenbasis gibt. Was man daraus macht, sei jedem selbst überlassen – wir sind nur sprachlos im Angesicht dieser Taten.

Im nächsten Wochenrückblick fassen wir den Stand der Ermittlungen zusammen – doch zum jetzigen Zeitpunkt ist von politischen Schuldzuweisungen jedweder Seite abzusehen. Und damit ab zum Rest der News der vergangenen Woche!

Joe Biden und die Technik

Hauptthema der vergangenen Woche war unzweifelhaft die zweite Runde der Democratic Debates in Detroit. Nicht nur haben sich die Bewerberinnen und Bewerber dabei darin überboten, wer den progressivsten, sozialistischsten Kurs anzubieten vermag, den die Vereinigten Staaten doch bitte ab Januar 2021 einschlagen mögen – ein paar Momente ließen uns auch mit den Augenbrauen zucken. Vorhang auf für Joe Biden, der in seiner Rolle als frontrunner seine Rivalen weiterhin als kids empfindet und der gleichzeitig noch nicht so ganz im Internetzeitalter angekommen zu sein scheint. Ist halt Neuland:

Zurück zu ernsteren Teilen der Debatten: Neben Präsident Trump hat auch Präsident Obama den Groll eines Gutteils der Kandidaten auf sich gezogen. Abschiebungen hier, eine nicht weit genug gehende Krankenversicherungsreform da. Der Leidtragende? Wieder einmal Joe Biden, der als Vizepräsident qua Amt für alles Mögliche verhaftet wird, was gemacht wurde – oder auch nicht. Aus Bidens Sicht ist dabei alles ganz klar:

Und während weder Joe Biden noch Sen. Kamala Harris (D-CA) sich als frontrunner profilieren konnten, gelang es Rep. Tulsi Gabbard (D-HI), quasi aus dem Nichts einen Treffer zu landen. Und der hat auch gesessen, denn Gabbard war nach der Debatte die meistgesuchte Politikerin auf Google. Aber hey, das waren doch garantiert wieder die russischen Bots, die Harris‘ Ambitionen zerstören wollen.

Zugegeben, wenngleich wir Rep. Gabbard objektiv Recht geben, fragen wir uns auch, was für eine Staatsanwältin die Alternative zu notwendigen Ermittlungen sein soll. Alles in allem war die zweite Debattennacht nur für Rep. Gabbard und Sen. Cory Booker (D-NJ) ein Erfolg – letzterer kritisierte Joe Bidens Rolle als Fürsprecher der Strafrechtsreform 1994, die nach seinen Angaben zur Verurteilung weitgehend unschuldiger Massen führte.

Dark Psychic Forces…

…sind es, die Marianne Williamson beim Präsidenten ausgemacht haben will. Wer? Marianne Williamson! Nach einer erfolglosen Kandidatur auf einen Sitz im Repräsentantenhaus im Jahr 2014 will die Bestsellerautorin es erneut wissen und geht in die Vollen! Ob ihr dabei ihre widersprüchlichen und fragwürdigen Aussagen zur Wirksamkeit von Impfungen, Antidepressiva und dem Glauben daran, dass Krebs und HIV letztlich nur Symptome von zu wenig Liebe seien, einen Strich durch die Rechnung machen werden? Ohne eine Antwort geben zu wollen, nehmen wir an, dass Williamson in der dritten Runde der Debatten nicht mehr dabei sein wird.

Bipartisanship im Handelsstreit?

Gegen die neuen Zölle auf chinesische Exporte in die Vereinigten Staaten, die Präsident Trump in der vergangenen Woche angekündigt hat, scheint sich kein Protest zu erheben. Weder im Senat noch im Repräsentantenhaus: Auch die demokratischen Abgeordneten scheinen hinter dem Präsidenten zu stehen. Steckt dahinter Taktik, um eine möglicherweise schlechtere Wirtschaftslage für den Wahlkampf 2020 heraufzubeschwören?

Glauben wir nicht. Denn der Streit beginnt schon im Weißen Haus selbst, da müssen Sen. Schumer (D-NY) und Rep. Pelosi (D-CA) gar kein Öl ins Feuer gießen. Glaubt man dem Wall Street Journal, haben sich alle Berater des Präsidenten gegen die neuen Zölle ausgesprochen, die 10% auf einen Warenwert von 300 Milliarden US-Dollar ausmachen – lediglich Peter Navarro nicht.

Interessant ist, dass diese Zölle auf Waren erhoben werden, die auch den Endverbraucher erreichen, sodass letzterer einen Preisanstieg spüren wird. Dass das so sein dürfte, wollte man auch bei Fox News nicht bestreiten:

Kultur, Sport und Geschichte

Während Old Town Road weiterhin die Charts beherrscht, richten wir Eure Aufmerksamkeit heute nicht auf Musik, sondern auf etwas mehr Geschichte. Denn wenn Sen. Booker die Strafrechtsreform 1994 zum Thema macht, ist das die großartige Gelegenheit, zu zeigen, dass die Demokratische Partei 2019 sehr wenig mit derselben Partei von vor drei Jahren zu tun hat.

2016 etwa schaffte Hillary Clinton es größtenteils problemlos (Sorry, Bernie) zur Präsidentschaftskandidatur und musste sich in parteiinternen Debatten nur wenig zu ihrer eigenen Vergangenheit äußern. Cory Bookers Fokus auf Joe Bidens Rolle ließ bei uns aber insbesondere eine Erinnerung aufkommen – Hillary Clinton, damals noch First Lady, als große Fürsprecherin der Reform, die sich gegen sogenannte superpredators richten würde:

Und zum Abschluss noch zwei Empfehlungen – wer nach Herbstlektüre sucht, wird mit Love Your Enemies fündig. Ein Plädoyer für mehr Debatten und nicht zwingend mehr Unaufgeregtheit. In einem Zeitalter, in dem die Vereinigten Staaten zunehmende Spaltungen offenbaren, scheint dieser Ratschlag riskant, aber hilfreich – denn mit mehr political correctness und Schweigen hat es ja in den letzten Jahren auch nicht geklappt, die Risse zu kitten.

Zuletzt noch eine Serienempfehlung: 60 Days in: Narcoland wirft einen Blick auf zwei Landkreise entlang der Autobahn I-65, die einen der Hauptkorridore für den Drogenhandel zwischen Mexiko und den USA ausmacht, der mehr als 64 Milliarden US-Dollar jährlich ausmacht. Wer einen Blick auf die Auswirkungen der opioid crisis werfen will, ohne sich nach Kentucky zu wagen, dem sei die brandaktuelle Serie herzlich empfohlen.


Titelbild: Marianne Williamson (Quelle: Marc Nozell, gemeinfrei bei Namensnennung)

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