Inter Arma (Unter Waffen)

Ob in Kanada, Michigan oder der SPD-Bundestagsfraktion: In unserem Wochenrückblick dreht sich alles um Waffen. So startet ihr gut gerüstet in die neue Woche: mit unseren Weekly News.

Proteste gehören in Deutschland zum 1. Mai wie weiße Socken in Sandalen. Dieses Jahr mussten sie überwiegend ausfallen – und das wurde von einer breiten gesellschaftlichen Mehrheit akzeptiert. Umso krasser wurde dafür in Michigan protestiert.

Ob das in transatlantischer Verbundenheit geschah – wer weiß. So oder so lieferten die Proteste irritierende bis besorgniserregend Bilder. Denn demonstriert wurde nicht friedlich für die Rechte des Proletariats, sondern für eine Lockerung (genauer: Aufhebung) der Lockdown-Maßnahmen. Und zwar unter Waffen.

MichiGUN > MichiGAN

„Gestürmt“, wie es das Nachrichtenportal NTV schreibt, haben die bewaffneten Demonstranten das Parlament in Lansing zwar nicht direkt. Aber durchaus vorsätzlich eine bedrohliche und bürgerkriegsähnliche Szene inszeniert. Mit dabei waren natürlich Fahnen und Plakate, von denen eines Gouverneurin Gretchen Whitmer (D) als Adolf Hitler zeigte. Die verlängerte den Ausnahmezustand dann trotz des Aufstandes bis zum 28. Mai.

Wie das ganze auf die Anwesenden gewirkt haben muss, zeigt ein Tweet der anwesenden Senatorin Dana Polehanki:

Nicht geholfen haben die Tweets des US-Präsidenten. Denn bereits in den Iden des April gab es teils bewaffnet Proteste mit tausenden Teilnehmern in Michigan, aber in geringerem Umfang auch in anderen Städten. Damals zeigte Donald Trump seine Unterstützung mit einfachen Worten: LIBERATE MICHIGAN!“. Das ist offen für Interpretation. Diese jedoch sollte man vielleicht nicht bewaffnete Milizen überlassen.

Es gibt ein Recht auf Protest. Es gibt keines auf Gewalt

Damit wir uns nicht falsch verstehen: In westlichen Gesellschaften gibt es ein natürliches Recht auf Demonstrationen, auch in Deutschland. Das hat das Bundesverfassungsgericht kürzlich glücklicherweise festgestellt und das gilt – im übertragenden Sinne, nicht juristisch – auch für die Bürgerinnen und Bürger Michigans. Es ist gut und richtig, dass bei der Bewältigung der Corona-Pandemie auch an staatsbürgerliche Rechte erinnert wird. Doch hier sind Augenmaß und gesunder Menschenverstand gefragt. Gewählte Repräsentanten des Volkes durch eine Besetzung des Parlamentes einschüchtern zu wollen, ist übel. Mir fällt Cicero ein, der einst sagte: „Inter arma enim silent leges“ – Unter Waffen schweigen die Gesetze.

Kanadische Eleganz

Andersherum verhält es sich in Kanada. Dort schweigen die Waffen ab letzter Woche unter den Gesetzen. Nach einem verheerenden shooting mit 22 Toten beschloss das Kabinett, Sturmgewehre zu verbieten. Das betrifft etwa 1500 Modelle und 100.000 Waffen in Privatbesitz. Elegant: Für Besitzer gilt eine Übergangszeit von zwei Jahren der Straffreiheit und ein Anspruch auf Entschädigung. Geplant war ein solches Verbot ohnehin, die Regierung nahm dem Amoklauf zum Anlass, einen Zahn zuzulegen.

Nicht so elegant: Regelungen für Kanadier in ablegenden Gegenden müssen noch getroffen werden. Die konservative Opposition mahnt zurecht an, dass in dem flächenmäßig zweitgrößten Land der Erde nicht immer eine Polizeistation in der Nähe ist. Das gilt im übrigen auch für die USA. Im dicht bevölkerten Deutschland verkennen manche das nachvollziehbare Sicherheitsbedürfnis, dass sich im Einzelfall durch die Infrastruktur weiter Landstriche ergibt. Dennoch zeigt Kanada, wie eine Reform des Waffenrechtes aussehen könnte – und wie schnell sie gehen kann, wenn der politische Wille da ist. Das die Situation nicht eins zu eins auf die USA übertragbar ist, sollte dennoch klar sein.

Die Waffen einer Frau…sind Kampfflugzeuge

Mit den Waffen einer Frau kämpft Annegret Kramp-Karrenbauer. Als Verteidigungsministerin traf sie in dieser Woche eine längst überfällige Entscheidung zur Nachfolge der in die Jahre gekommenen Tornado-Kampfflugzeuge der Bundeswehr. Die Luftwaffe darf sich zukünftig auf die kampferprobte F-18 freuen, eine Übergangslösung, die die nötige Zeit für die Entwicklung eines (hoffentlich) europäischen Jagdbombers verschafft. Gut auch, dass der mögliche Deal mit dem US-Hersteller Boeing IDS nicht nur das ungeliebte Handelsdefizit etwas verringert, sondern auch einen Schritt in Richtung Zwei-Prozent-Ziel bedeutet – und vor allem die Aufrechterhaltung der nuklearen Teilhabe ermöglicht. Denn das Flugzeug kann und darf im Ernstfall in Deutschland stationierte US-Atomwaffen tragen.

Das sorgte prompt für einen Aufstand der SPD-Fraktion im Bundestag. Ohnehin angesäuert, weil die Ministerin wegen der F-18 nicht nachgefragt hatte (was sie nicht muss), will Fraktionschef Rolf Mützenich nun plötzlich aus der nuklearen Teilhabe raus. Sekundiert wird von SPD-Chefin Saskia Esken.

Begründet wird das von Herrn Mützenich in erster Linie mit der Persona Donald Trump. Einerseits eine populistische, nahezu kindische Argumentation, wenn es um strategische Entscheidungen geht. Andererseits ist die Tatsache, dass man in Deutschland mittlerweile allein damit Politik machen kann, gegen Trump zu sein, auch ein Beleg dafür, wie sehr der Präsident das US-deutsche Verhältnis belastet. Wo früher Sachargumente nötig waren, reicht heute der Hinweis, nichts mit ihm zu tun haben zu wollen. Diese Reduktion von Sachverhalten hat das Potential, Antiamerikanismus zu schüren.

Ikarus

Verteidigungspolitisch ist diese Haltung schlicht unverständlich. Hans-Peter Bartels in dieser Woche durch Eva Högl als Wehrbeauftragte zu ersetzen, war schon schwer nachvollziehbar. Bei aller Achtung für Rolf Mützenich: Sicherheitspolitik ist nicht seine Stärke. Mit dem Aussteig aus der nuklearen Teilhabe wäre Deutschland schließlich auch aus der Nuklearen Planungsgruppe der NATO raus – und das kann man nur schwer wollen. Denn gerade wenn man für Abrüstung ist, muss man mit am Tisch sitzen. Zum sicherheitspolitischen Eiertanz der SPD-Granden fällt mir abschließend ein Zitat aus Top Gun ein: „Da oben hat man keine Zeit zu denken. Wenn man denkt, ist man tot“.

Wir von Transatlantic Takes wünschen wir Euch, dass ihr gut gerüstet in die nächste Woche startet – mit oder ohne Waffensysteme.

 

Foto:  CC0 Public Domain. Free for personal and commercial use. No attribution required. Gefunden auf pxhere.com

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