Es gab eine Zeit, da standen sich zwei Systeme gegenüber, deren Ideologien nicht vereinbar waren. Auf der einen Seite stand eine kommunistische Schreckensherrschaft – auf der anderen Seite Demokratie, Menschenrechte und Freiheit. Den Wettbewerb der Ideologien haben die freiheitlichen und kapitalistischen Staaten unter Führung der USA zum Glück gewonnen. Dass Europa seine Freiheit verteidigen konnte, ist vor allem auch der klaren Linie zu verdanken, die die westlichen Länder im Kalten Krieg vertraten: Auch, wenn es politische Querelen gab, war stets unzweifelhaft, welche immense Bedrohung der Sozialismus des Warschauer Pakts darstellt und dass es oberste Prämisse ist, die Demokratie politisch und notfalls auch militärisch zu verteidigen.
Seit einigen Jahren gibt es einen neuen Gegenentwurf zu unseren Staatsordnungen: Chinas Autoritarismus. Ideologisch schwer zu greifen, zeigt vor allem das sogenannte Social Credit System, wohin die Reise gehen soll: Ziel ist eine Staats- und Gesellschaftsordnung, in der sich das Individuum in allen Lebensbereichen bedingungslos den „kollektiven Interessen“ unterordnen muss. Was die kollektiven Interessen sind, bestimmt die Parteiführung. Die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit ist unerwünscht – kontroverse politische oder gesellschaftliche Debatten sind unmöglich. China ist damit nichts Anderes mehr als eine Sowjetunion mit Wolkenkratzern – die staatgewordene Dystopie einer digitalen Diktatur, mit technischen Mitteln zur Überwachung und Unterdrückung der Bevölkerung, von denen der KGB nur geträumt hätte.
Die vorangegangenen Ausführungen mögen dramatisch klingen, doch wer sich intensiver mit China auseinandersetzt,* wird sie keineswegs als übertrieben beurteilen. All das wäre schon schlimm, wenn es ein Land beträfe, dass nur die eigene Bevölkerung der Menschenrechte beraubt. Doch China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Die Pläne der Parteiführung in Peking, den eigenen Einfluss auszubauen, werden damit zu einer großen Bedrohung. Schon seit Längerem verbreiten parteinahe Medien die Absicht, das eigene Modell zu exportieren:
„China should take the initiative to disseminate the Chinese concept of „harmony“ around the word“
– Beitrag im Journal Liaowang am 19. Oktober 2008, zitiert nach Zbigniew Brzezinski (2013): Strategic Vision, S. 83
Diese Bedrohung muss der Westen erkennen. Dabei sind die USA uns in Deutschland und Europa um Längen voraus. Dass von China eine Gefahr ausgeht, ist parteiübergreifender Konsens und wurde auch unter Obama bereits vertreten. Spätestens seit dem Amtsantritt von Donald Trump verfolgen die USA eine offensivere und damit deutlich weniger naive Chinapolitik. Wer Donald Trump kritisch gegenübersteht, wird darin in erster Linie die Ablenkung von innenpolitischen Problemen sehen. Wenn etwa US-Außenminister Mike Pompeo China für seine beispiellose Vertuschungskampagne zu Beginn der COVID-19 Krise kritisiert, hat er dennoch Recht.
Unterdessen befindet sich Europa in einem gefährlichen Dornröschenschlaf. Naiv freut man sich nach wie vor über die Möglichkeiten wirtschaftlicher Kooperation. Um den Autokraten in Peking nicht auf den Schlips zu treten, ist auch die Bundesregierung bereit, demokratische Länder im Stich zu lassen: Nur so ist die unterkühlte Reaktion auf die gespendeten Schutzmasken aus Taiwan zu erklären. Ein weiteres Beispiel ist die gefährliche wirtschaftliche Abhängigkeit des finanziell eher schwach aufgestellten Italiens von China.
Europas Position muss chinakritischer und pro-amerikanischer werden. Letzteres ist der einzige Weg, um Europas Zukunft als Gemeinschaft freier Länder zu sichern. Europa ist bei realistischer Betrachtung militärisch zu schwach und politisch zu gespalten, um alleine und ohne eine enge Kooperation mit den USA eine einflussreiche Stellung in der Welt auszubauen und zu erhalten. Muss es aber auch nicht. Schließlich ist es hauptsächlich die Stellung der USA als einflussreichste Akteur der Weltpolitik, die nach wie vor das Bestehen der Demokratie in vielen Ländern sichert. Daran besteht auch unter der Trump-Administration kein Zweifel (untermauert etwa durch den Ausbau der Militärpräsenz in Osteuropa in seiner Amtszeit). Ein Amerikanisch-Europäischer Bund ist demnach wie schon im Kalten Krieg der effektivste Weg, Diktaturen entgegenzutreten.
Zu verhindern, dass Chinas Autoritarismus noch mehr Menschen ihrer Rechte beraubt, ist der Auftrag aller Demokratien. Nur die freien Staaten gemeinsam können diesen Auftrag erfüllen. Ein massiver Ausbau der transatlantischen Kooperation – politisch, wirtschaftlich, militärisch – und eine klare Abgrenzung zu China wären entscheidende Schritte in die richtige Richtung.
* In diesem Zusammenhang sehr zu empfehlen: Der YouTube-Channel „LaoWhy86“, insbesondere: https://www.youtube.com/watch?v=ed4ryYokLzU
Titelbild: U.S. Secretary of State Rex Tillerson arrives in Beijing, China, on March 18, 2017. [State Department photo/ Public Domain]. Flickr. CC 2.0.
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