Vom Dealmaker zum Dealbreaker

Kaum war das Entsetzen über den Zahlungsstopp der USA an die World Health Organization (WHO) etwas abgeklungen, verkündete die US-Regierung vergangene Woche die nächste Entscheidung, welche sich auf die weltweite Politik auswirkt – dieses Mal wie schon so oft zuvor auf die internationale sicherheitspolitische Lage.


Donald Trumps Nationaler Sicherheitsberater Robert O´Brien kündigte den Ausstieg aus dem „Vertrag über den Offenen Himmel“ (Open Skies) an. Und wie schon dutzende Male zuvor verzweifeln auf Harmonie und Sicherheit bedachte Europäer an den möglichen Folgen dieser Entscheidung.       

Der „Offene Himmel“ für ein offenes Miteinander

Der Open Skies – Vertrag wurde 1992 zwischen NATO- und den ehemaligen Warschauer Pakt-Staaten geschlossen und seitdem stetig erweitert. Aktuell sichert er den 34 Teilnehmerstaaten gegenseitige Überflüge über die jeweiligen Territorien der Staaten auf festgelegten Routen zu, um Foto-, Radar- und Infrarotaufnahmen anzufertigen. Geplante Überflüge müssen erst 72 Stunden vorher angekündigt werden. Dies soll seit Beginn der Beobachtungsflüge für Sicherheit und gegenseitiges Vertrauen sorgen, da eventuelle militärische Aktivitäten der einzelnen Staaten transparent erkennbar sein sollen. In Zeiten von vielfältigen weiteren Aufklärungsmitteln ist dies sicherlich nicht die beste und einzige Möglichkeit Informationen über das Gegenüber zu sammeln. Aber im Kern steht ohnehin keine „Spionage“, sondern Vertrauensbildung, welche nach dem Ende des kalten Krieges, aber auch in der aktuell angespannten Situation sehr wichtig ist. 

„Von Vancouver bis Wladiwostok“ – nur ohne Washington

Leider haben Trump und sein Nationaler Sicherheitsberater O´Brien nun genau diesen Spionage-Verdacht gegenüber Russland. Außerdem muss man den bedrückenden Fakt anerkennen, dass Russland seit einiger Zeit Überflüge über Teile ihres Territoriums verweigern (die USA allerdings auch) – eigentlich gegen den Kodex des Vertrages. Aber deshalb kündigen? Ursprünglich war es mit Dwight D. Eisenhower 1955 ein US-Präsident, welcher den ersten Vorschlag für einen solchen Vertrag machte. Nun ist es ein US-Präsident, welcher sich den Austritt herbeisehnt. Verhandlungen oder ein ernster politischer Diskurs wären vielleicht angebrachter, die anderen Mitgliedstaaten inklusive Russland werben für einen Fortbestand des Abkommens. 

Nur ein Beispiel aus vielen

Die angedachte Kündigung des OH-Vertrages passt jedoch ins Muster: Trump sieht Nachteile für die USA, erkennt schon bei geringen Zweifeln einen „Bad Deal“ für die USA. Genau so war es bereits zuvor beim sogenannten Pariser Klimaabkommen. Bereits 2017 und damit ein Jahr nach Inkrafttreten hatte er angekündigt, aus dem Klimaschutzabkommen auszutreten. Hauptgrund: der Vertrag würde die US-Wirtschaft „unfair“ behandeln. Dies mit einem Hauch China-Kritik und der Tatsache, dass der Vertrag 2016 durch seinen Vorgänger im Amt Barack Obama unterzeichnet wurde und Perfekt ist der Ausstiegsgrund à la Trump. Leider jedoch war das Pariser Klimaabkommen insofern von großer Bedeutung, als dass alle Staaten der Erde damit einen zentralen richtungsgebenden Impuls für die Bedeutung des Klimaschutzes samt konkreter Maßnahmen gesetzt haben. Und selbst wenn bei diesem Vertrag nur Symbolik eine Rolle spielen würde – die USA unter Trump marschieren in die Gegenrichtung.

Explosive Entscheidungen

Erinnern wir uns an den Ausstieg aus dem INF-Vertrag über das Verbot landgestützter Mittelstreckenwaffen im August 2019, haben wir erneut einen Zwist zwischen den USA und Russland. Auch hier will sich das Weiße Haus zu einem Ausstieg gezwungen gesehen haben, da sich Russland nicht an den Vertrag gehalten habe. Der zuerst ebenso einseitige Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran durch die USA 2018 hatte schließlich zur Folge, dass der Iran seinerseits sukzessive Abmachungen bewusst nicht mehr eingehalten hatte. Alle diese mitunter durchaus berechtigten Kritikpunkte an Vertragsverletzungen, wie die Regierung Trump sie anprangert, sind Deutschland und den jeweils anderen Vertragspartner durchaus bewusst. Aber ist das Engagement die Verträge zu erhalten und erreichte Ziele nicht zunichte zu machen viel größer, als ein radikales Vorgehen wie das der USA.

24/7 im Wahlkampfmodus

Trump macht deutlich, worum es ihm am meisten geht: „America First“! Was aus US-amerikanischer Perspektive auf kurze Sicht sicherlich gut klingt, wird sich langfristig unter Umständen negativ rächen. Während Russland sicherlich auch nicht immer fair spielt und Deutschland und die EU weltpolitisch oftmals zu zurückhaltend agieren, kommen die USA der weltpolitischen Führungsrolle, welche sie für sich selbst beanspruchen, aktuell nur bedingt nach. 

Angesichts der anstehenden US-Präsidentschaftswahl im Herbst dürfte dieses Vorgehen den Wählern bei der Entscheidungsfindung helfen. Wer Nationalismus und America First – Mentalität bevorzugt, hat in Donald J. Trump seit 2016 den gefundenen Anführer. Alle diejenigen, die Internationalität, Multilateralismus und gemeinsames Werteempfinden in den Vordergrund stellen – echte Transatlantiker eben – werden ihr Kreuz vermutlich woanders setzen.


Foto: The White House (Open Domain. Link)     

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