Manuela geht stiften

von Yannick van de Sand

Vergangene Woche beschloss der Landtag Mecklenburg-Vorpommern die Gründung einer „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“. So weit, so unspektakulär mag man auf den ersten Blick meinen. Eine Landesregierung, die sich für mehr Klima- und Umweltschutz einsetzt ist ja erst einmal zu begrüßen. Doch der Eindruck täuscht: Hinter dieser Stiftung versteckt sich ein ausgefeilter Trick der Landesregierung, um dem höchst umstrittenen Projekt „Nordstream 2“ den Weiterbau und die Fertigstellung zu ermöglichen.

Schauen wir uns die Situation einmal an: Die allgemeinen Umstände um das Projekt „Nordstream 2“ dürfte den Meisten ja mittlerweile bekannt sein. Dass viele Verbündete Deutschlands aus EU und NATO, vor allem mittel- und osteuropäische Staaten und die USA, dem Projekt ablehnend gegenüberstehen ist kein Geheimnis und aus geopolitischer Perspektive verständlich. Aufgrund der beschlossenen Sanktionen gegen Russland haben die USA auch Sanktionen gegen die am Bau der Pipeline beteiligten Unternehmen angekündigt – ein folgerichtiger Schritt, so untergraben diese Unternehmen mit dem Bau schließlich die Zwecke der allgemeinen Wirtschaftssanktionen gegen Russland.

Um nun Sanktionen für diese Unternehmen zu umgehen hat sich die Landesregierung einen cleveren Trick einfallen lassen: Das Land gründet eine Stiftung, die Baumaterialien und Waren einkauft und den beteiligten Firmen zum Weiterbau zur Verfügung stellt und diese somit vor Sanktionen durch die USA schützt.

Es ist jedoch fraglich, ob dieser Zweck durch die Stiftung überhaupt erreicht werden kann. Dazu hält sich die Landesregierung – wie allgemein zu den Zwecken der Stiftung – eher bedeckt. Bei der Vorstellung durch die Ministerpräsidentin wird die Pipeline nur in einem Nebensatz erwähnt. Ebenfalls kein Wort davon, dass 99% des Startkapitals der Stiftung, 20 Millionen Euro, von der „Nordstream 2 AG“, einer 100%igen Tochter des russischen Staatsunternehmens Gazprom stammen und nur 200.000 Euro aus dem Landeshaushalt.

Eine landeseigene Stiftung für Umwelt- und Naturschutz sieht für mich anders aus. Und dabei ist Mecklenburg- Vorpommern eigentlich in Deutschland Vorreiter, was die Produktion von umweltfreundlichen erneuerbaren Energien angeht. Man könnte uns in diesem Punkt fast schon als das Kalifornien Deutschlands bezeichnen, in keinem anderen Bundesland wird pro Kopf so viel davon produziert.

Als Kritiker des „Nordstream 2“ Projekts werden einem dabei meistens zwei Punkte entgegengehalten. Zum einen, dass die Alternative „amerikanisches Frackinggas“ sei, zum anderen, dass die Pipeline Arbeitsplätze, vor allem für die Region Vorpommern bedeute. Von einem latenten Antiamerikanismus, der einem von manchen Teilen der Befürworter der Pipeline entgegenschlägt will ich an dieser Stelle gar nicht erst anfangen.

Zum ersten Punkt lässt sich sagen, dass die Alternative zum Gas aus der neuen Pipeline das Gas aus den bestehenden Pipelines, die bereits existieren ist. Laut diversen Gutachten ist die Menge an Gas, welche durch die bestehenden Pipelines transportiert werden kann für den Energiebedarf Deutschlands – auch für die Zukunft – mehr, als ausreichend, zumal auch erwartet wird, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund des Voranschreitens der erneuerbaren Energien auch der Verbrauch an Erdgas zurückgehen wird.

Aktuell mag es zwar auch durch den Bau diverse neue Arbeitsplätze in der Region geben, doch wie nachhaltig diese sind wird sich noch zeigen. Ein weiteres Fokussieren auf den Ausbau der Produktion von erneuerbaren Energien in Mecklenburg-Vorpommern selbst hätte sicherlich auf Dauer mehr Arbeitsplätze geschaffen. Das wäre übrigens auch eine Maßnahme, die ich von einer „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ erwarten würde – nicht die Förderung einer russischen Gas-Pipeline, die uns und unsere Verbündeten auseinandertreibt.

Es wird sich zeigen, wie es bzgl. der US-Sanktionen nach dem 20. Januar weiter geht. Die bisherigen Äußerungen von President-elect Joe Biden lassen jedoch vermuten, dass sich an der Strategie der USA nicht viel ändern wird. Ein erfreulicher Fakt, der hoffentlich auch in Mecklenburg-Vorpommern bald als ein solcher erkannt wird und ein allgemeines Umdenken in den Beziehungen zu Russland zur Folge haben wird.

Bis dahin bleibt die „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ leider nur ein angenehm klingender Name für einen Trick der vor allem dem russischen Staat entgegenkommt – Schade, denn eigentlich gäbe es genug Projekte in MV, die dem Namen der Stiftung wirklich gerecht werden würden.


Yannick van de Sand, 25, junger Transatlantiker aus Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern ist Mitglied der SPD und war von 2018-2019 Landesvorsitzender der Jusos.


Foto: Brian Cantoni auf flickr.com (Link hier.)

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