Was unser Umgang mit dem Brexit mit den USA zu tun hat

Wer die Reaktionen auf den EU-Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland in der deutschen Presse verfolgt, bekommt den Eindruck, als habe mehr oder weniger ein x-beliebiger der vormals 28 Mitgliedsstaaten die Union verlassen. Der Fokus der Berichterstattung liegt dabei oftmals auf technischen bzw. rechtlichen Aspekten des Brexit, wie z.B. den Folgen für den Waren- oder Personenverkehr.

Je nach politischer Einstellung gegenüber der Europäischen Union als supranationaler Organisation und abhängig von der Ausprägung anti-angelsächsischer Ressentiments folgt daraus vereinzelt die Auffassung, es gelte, das Vereinigte Königreich für den Brexit gewissermaßen zu „bestrafen“ und größtmöglichen Schaden in den gegenseitigen Beziehungen anzurichten, alleine schon, um andere Länder vor einem Austritt „abzuschrecken“.

Diese nicht nur in Deutschland, sondern vor allem auch in Frankreich verbreitete Betrachtungsweise ist nicht alleine schon aus wirtschaftlicher Perspektive zu verwerfen, sondern verkennt auch die besondere historische und politische Stellung des UK. Aus ihr folgt eine erhebliche Interdependenz zwischen den Beziehungen UK-Kontinentaleuropa und den transatlantischen Beziehungen sowie der Stärke der westlichen Welt insgesamt, wie an den nachfolgenden Beispielen erkennbar wird:

Das UK hat eine besonders enge Verbindung mit den USA – (sog. special relationship)

Die besonders enge politische Bindung des Vereinigten Königreichs an die USA reicht mindestens bis in den zweiten Weltkrieg zurück, als die beiden Länder gemeinsam als Bollwerk gegen die Nationalsozialisten fungierten und den Faschismus in Europa besiegten. Seither unterstützten sich die Länder in dutzenden Konflikten gegenseitig diplomatisch wie militärisch und tauschen in besonderem Ausmaß geheimdienstliche Informationen aus.

Auch wirtschaftlich, gesellschaftlich und kulturell ist das UK den USA in vielen Aspekten (teils historisch bedingt – z.B. aufgrund der Sprache) ähnlicher als Kontinentaleuropa. So ist etwa der Glaube an die freie Marktwirtschaft und einen möglichst „schlanken Staat“ jenseits des Ärmelkanals deutlich ausgeprägter.

Diese besondere Verbundenheit, die auch unter der Biden-Administration fortbestehen wird, weist dem UK eine wichtige Vermittlerrolle zwischen der EU und den USA zu. Gute Beziehungen zwischen Berlin/Brüssel und London als dem Akteur, der in „beiden Welten“ zu Hause ist, stärken daher das transatlantische Verhältnis und damit den Westen insgesamt.

Das UK steht seit Langem konsequent für Freiheit und Demokratie ein

Mag die Geschichte des Britischen Empire auch kontrovers sein: Spätestens seit dem zweiten Weltkrieg ist das UK weltweit einer der Akteure, die am entschiedensten gegen Tyrannei und staatliche Unterdrückung vorgehen. So verdanken wir es in Deutschland u.a. auch britischen Soldaten, die für uns ihr Leben aufs Spiel setzten, dass wir heute in Freiheit leben dürfen.

Bis heute steht das UK neben den USA in der Weltpolitik stets für westliche Werte und Menschenrechte ein (jüngstes Beispiel: das Anbieten der britischen Staatsbürgerschaft für Bewohner von Hong Kong). Wer in der transatlantischen Allianz in erster Linie eine Wertegemeinschaft sieht, sollte sich daher bewusst machen, dass das UK ein essentieller Baustein des Fundaments dieser Wertgemeinschaft ist.

Die Streitkräfte des UK gehören zu den schlagkräftigsten in Europa

Das transatlantische NATO-Bündnis ist seit dem Kalten Krieg der Garant unserer Freiheit. Auf der europäischen Seite des Atlantiks sind die Britischen Streitkräfte (neben denen Frankreichs) das mit Abstand schlagkräftigste Militär, um unsere Werte in Europa und weltweit zu verteidigen. Dass die British Army, die Royal Navy und die Royal Air Force global einsatzfähig und schlagkräftig sind, haben die Truppen im Falklandkrieg sowie im Irak eindrucksvoll bewiesen. Gerade in einem Land wie Deutschland, dessen militärische Fähigkeiten nach wie vor hoffnungslos hinter den rheotorischen Ansprüchen zurückbleiben, gilt es, sich folgenden Zusammenhang noch einmal vor Augen zu führen: Bessere Beziehungen zum UK stärken die NATO – eine stärkere NATO wiederum stärkt den transatlantischen Zusammenhalt, den Westen, und alle Vorzüge, die mit ihm einhergehen.

Diese nicht abschließende Aufzählung zeigt eines deutlich: Ungeachtet dessen, wie man zum Brexit stehen mag – wir sollten nach vorne schauen und uns dafür stark machen, dass die Beziehungen zwischen Kontinentaleuropa bzw. der EU und dem UK auch in Zukunft so eng wie möglich bleiben. Unserer Vision eines Deutschlands und Europas, das -an der Seite der USA- weltweit für Freiheit und Menschenrechte sowie wirtschaftlichen Wohlstand und Fortschritt eintritt, ist damit am besten gedient. Schließlich sitzen die Feinde dieser Werte nach wie vor in Moskau, Peking und Teheran, während ein Teil ihrer glühendsten Verfechter in London regiert – auch nach dem Brexit.


Bildquelle:  Executive Office of the President of the United States. Wikimedia Commons. CC 2.0.

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